Abschied von Garser Alt-Bürgermeister Anton Schrammel

In den Abendstunden des 24. Dezember schloss der Garser Altbürgermeister Anton Schrammel zuhause im Kreis seiner Familie im 92. Lebensjahr die Augen für immer.

29. Dezember 2020

„Ich kenne viele Jüngere, die sind älter als ich.“ Dieser Satz blieb in Erinnerung, als die NÖN ein Gespräch gegen Ende der 90er-Jahre mit Anton Schrammel führte und fragte, ob er mit nicht ganz 70 Jahren sich nicht zu alt für das Amt des Bürgermeisters fühle. Bis auf wenige Monate vor seinem Tod am Abend des 24. Dezember schien es, als habe er auch noch mit 90 die Jugend gepachtet, war immer unterwegs, ließ sich trotz Krankenhausaufenthalten nicht unterkriegen, rappelte sich immer wieder auf und war in der Öffentlichkeit präsent.
„Er war unbestritten eine Persönlichkeit, die Gars über drei, vier Jahrzehnte geprägt hat“, sagte Martin Falk, sein Nachfolger als Bürgermeister, zum letztlich doch unerwarteten Tod Schrammels, der sich als besonderer Mensch und Garser quasi einen besonderen Tag für seinen Abschied im Kreis der Familie ausgesucht hatte. „Gars ohne Schrammel ist nicht vorstellbar, Toni wird uns allen fehlen.“

Schon immer Interesse für Politik
Geboren am 30. März 1929 in Wolfshof wuchs er mit einer Schwester und fünf Brüdern auf, besuchte die Volks- und Hauptschule – er durfte dort die zweite Klasse überspringen, weil er ein so ausgezeichneter Schüler war – in Gars und trat dann eine kaufmännische Lehre bei der Firma Kiennast an. Dieser hielt er, zuletzt als Mitarbeiter im Außendienst, Jahrzehnte die Treue, eher er vor seiner Pensionierung über Jahre hinweg noch eine Aufgabe annahm, wo er sein Hobby gleichsam zum Beruf machen konnte, nämlich als Tourismus-Direktor für das nördliche Niederösterreich.
 
Schrammels Interesse für Politik war schon immer vorhanden, 1972 stieg er gleich als Geschäftsführender Gemeinderat der ÖVP in die Kommunalpolitik ein und verantwortete die Ressorts Fremdenverkehr, Kultur und Freibad. In dieser Zeit und später als Vizebürgermeister und Bürgermeister (jeweils fünf Jahre) bis zum Polit-Ende 1999 konnte er seine Ideen verwirklichen und seine Kenntnisse der Geschichte, speziell jener von Gars, unter Beweis stellen. So wurde er etwa nie müde, bei jeder Gelegenheit zu verkünden, dass Leopold III., der Heilige, 1073 in Gars geboren ist und Gars damals die Hauptstadt des Babenbergerreichs gewesen ist.
 
„Historisch“ sind auch seine Leistungen, die er als Mandatar erbracht hat, wenngleich manche seiner Visionen auf Widerstand gestoßen sind, viele sich aber im Nachhinein als Segen für die Gemeinde entwickelt haben. Als wichtigstes Beispiel sei hier genannt, dass er federführend war, Fitness-Papst Willi Dungl nach Gars zu lotsen, der das Hotel Kamptalhof aus dem Dornröschenschlaf holte. Dass das Garser Bad als eines der ersten im Waldviertel eine Rutsche erhielt, ist ihm ebenso zuzuschreiben wie die Errichtung der Kunsteisbahn und das schließlich erfolgreiche Betreiben, Gars zum Luftkurort zu machen. Die Gründung der Bürgermusikkapelle, des Theatervereins oder des Viktualienmarkts konnte er sich – gemeinsam mit anderen – auf seine Fahnen heften. Sein „Kind“ war auch die Bürgerrunde, die er mehr als 40 Jahre lang jeden Monat über 500 Mal leitete.
 
Viele Aktivitäten nicht nur in Gars gesetzt
Es gab wohl kaum einen Verein in Gars, bei dem Schrammel nicht zumindest Mitglied war, wenn nicht gar im Vorstand oder als Obmann oder Präsident ganz vorne stand. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Gesang- und Musikverein (er war ein begnadeter Tenor!) Tennisclub, Fußballverein, Kiwanis-Club, Kameradschaftsbund, Behindertenverband, Bildungs- und Heimatwerk (34 Jahre lang)…
Auch außerhalb der Ortsgrenzen war er in viele Organisationen und Vereinigungen eingebunden: Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, in der ÖVP, als Seniorenbund-Teilbezirks- und schließlich Bezirksobmann über sechs bzw. acht Jahre und danach Ehrenbezirksobmann, beim Roten Kreuz, für die Stalingrad-Kameradschaft, obwohl er nicht selbst eingerückt war – um nur einige zu nennen. 
Und trotz aller Verbundenheit mit den Vereinen wird man Schrammel nicht gerecht, wenn man ihn als „Vereinsmeier“ bezeichnet. Ihm war einfach die Gemeinschaft, die Geselligkeit, der Kontakt mit vielen Menschen aus verschiedenen Schichten und Altersgruppen wichtig. Mit seiner Person untrennbar verbunden sind gerade in diesem Zusammenhang seine Vorliebe für das Plaudern und das Schnapsen. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass er verspätet zu einem Termin erschien, weil er das „Bummerl“ noch zu Ende spielen musste.
Unvergessen sind auch seine Führungen durch Gars und auf die Burg, wo er mit seinem bereits angesprochenen historischen Wissen, das er auch bei vielen Veranstaltungen in seine – dadurch machmal zu langen – Reden einbaute, glänzte. Und immer war der letzte Weg in die Gertrudskirche, wo er mit einem innig vorgetragenen „Ave Maria“ den Rundgang schloss.
 
Abschied vorläufig nur im kleinen Kreis
Auch wenn es auf den ersten Blick ob der vielen Termine und Verpflichtungen nicht so aussieht, die Familie hatte in seinem Leben einen hohen Stellenwert. Obwohl Gattin Herta und seine vier Kinder ihn nur frühmorgens oder spätabends zu Gesicht bekamen, sprach er selbst immer in den höchsten Tönen von ihnen und lobte seine Gattin, dass sie trotz allem mit ihm durch Dick und Dünn gehe. 65 gemeinsame Ehejahre – im Oktober feierten sie Eiserne Hochzeit – bestätigen das.

Pandemiebedingt wird das Begräbnis nur im kleinen Kreis stattfinden können.

Nach einer Möglichkeit, dass ein größerer Personenkreis von Anton Schrammel Abschied nehmen kann, wird noch gesucht. Aber auch so wird Toni allen noch lange in Erinnerung bleiben.

(Von Rupert Kornell.)